Digitalisierung und Diabetes-Management – Versuch einer Positionierung

Die Zahl von Patienten mit Typ 2 Diabetes (T2D) steigt in unserem Lande weiterhin stark an und das bei gleichzeitigem Rückgang von spezialisierten Diabetologen. Bereits heute kommen nicht alle T2-Patienten, die eine spezialisierte Betreuung benötigen würden, in die Schwerpunktpraxen. Diese Patienten auch in Zukunft gut zu betreuen – und das bei einem ständig steigenden Kostendruck und einem geringeren Zeitkontingent, wird nur durch gut strukturierte Prozesse und eine konsequente Prozessoptimierung machbar und finanzierbar sein – und mit einem digitalisierten Diabetes-Management. Das beginnt mit individuellen Therapiezielen, die sich an der Lebenswirklichkeit des einzelnen Patienten orientieren, geht über den Einsatz von digitalen Tools, die den Patienten zu adäquaten Aktionen befähigen, bis hin zu standardisierter Datenerfassung, die dem Diabetologen für eine rasche Auswertung zur Verfügung stehen. Durch die Zusammenführung aller Daten in einer strukturierten Form können personalisierte Therapieentscheidungen abgeleitet werden. So können Therapieanpassungen rechtzeitig erfolgen und gleichzeitig bleibt ausreichend Zeit für das Gespräch mit den Patienten, um ihn aktiv in die Therapieplanung einzubeziehen.

Wie aber schafft man es, diese zukünftigen Prozesse im hektischen Praxisalltag umzusetzen? Dies verlangt nach einer „digitalen Praxis“. Ärzte und ihre Teams, aber auch die Patienten müssen bereit sein, sich auf IT-gestützte Betreuungslösungen einzulassen. Das beginnt damit, den Versorgungsprozess in seiner Gesamtheit und Komplexität zu analysieren und die etablierten Praxisprozesse und -abläufe zu adressieren und bei Bedarf zu ändern. Basiert momentan die Entscheidung des Arztes bei Therapieeskalation auf dem aktuellen HbA1c-Wert und den SMBG-Werten, stehen ihm zukünftig wesentlich mehr Daten und Werkzeuge zur Therapiesteuerung zur Verfügung, z.B. die automatische Erinnerung an Arzttermine oder fällige Laboruntersuchungen, das Auslesen und Speichern der Daten aus den Messsystemen durch die MFA, die Analyse und Interpretation der Daten durch die Diabetesberaterin, etc. All das kann dazu beitragen, dass die Therapieoptionen optimal genutzt werden und gleichzeitig zu mehr Interoperabilität zwischen den verschiedenen Fachbereichen führen. Mehr Struktur erleichtert, beschleunigt und verbessert die Patientenversorgung.

Unser Fazit: Diese Änderungen werden die Ärzte und ihre Teams nur dann machen, wenn sie dadurch eine bessere medizinische Versorgung ihrer Patienten erreichen, die Patienten eine höhere Zufriedenheit aufweisen und keine ökonomischen Nachteile für die Praxis entstehen. Damit für das Gespräch zwischen Arzt und Patient ausreichend Zeit bleibt, müssen die verschiedenen Daten geeignet erfasst, ausgewertet und visualisiert werden, z.B. in einer elektronischen Diabetes-Akte (eDA). Die DDG bereitet aktuell eine solche Akte für die Schwerpunkt-Diabetologie vor. Details dazu werden im ersten Symposium am Samstagvormittag bei der DiaTec 2020 vorgestellt.

DiaTec weekly – Nov 1, 19