Die Studie (FLASH-UK RCT) umfasste 156 Personen im Alter von ab 16 Jahren mit Typ-1-Diabetes und HbA1c-Werten von 7,5% bis 11%. Keiner der Studienteilnehmer hatte zuvor eine Technologie zum kontinuierlichen Glukosemonitoring verwendet. Über 24 Wochen lang wurde die eine Hälfte der Teilnehmer in die Interventionsgruppe randomisiert und hat die Glucosewerte mit dem FreeStyle Libre 2-System kontrolliert, während die andere Hälfte dafür SMBG nutzte. Die Studie wurde in verschiedenen Krankenhäusern in Großbritannien durchgeführt und hatte zum Ziel, die Effekt von kontinuierlichem Glucosemonitoring mit intermittierender Messung (iscCGM; FreeStyle Libre 2 von Abbott) mit konventioneller Blutglucosemessung (SMBG) zu vergleichen. Die Ergebnisse der Studie wurden nun hochrangig publiziert (1).
Zum Ende der Studiendauer waren es 141 Teilnehmer, deren Daten in die Analyse einbezogen wurden. Die Teilnehmer waren mehrheitlich männlich (56%), fast ausschließlich Weiße (97%), sie führten überwiegend eine konventionelle Insulintherapie durch (72%) und verwendeten keine GLP-1- oder SGLT-2-Medikamente, 12% nahmen Metformin ein. Der durchschnittliche HbA1c-Wert betrug 8,5% (75% zwischen 7,5% und 8,9%; 25% zwischen 9% und 11%),
Am Ende des Studienzeitraums nach 24 Wochen führte die Nutzung von iscCGM zu einem um 0,5% niedrigeren HbA1c-Wert im Vergleich zur Kontrollgruppe (7,9% vs. 8. 3%, p< 0,001), damit wurde der primäre Endpunkt der Studie erreicht. Zum Vergleich: Patienten in der Kontrollgruppe hatten eine Verbesserung im HbA1c von 0,2%. Relative Verbesserungen waren bereits nach 12 Wochen zu beobachten, nach diesem ersten Quartal wiesen die iscCGM-Nutzer einen um 0,3% niedrigeren HbA1c-Wert auf als die Patienten in der Kontrollgruppe (8,1% bzw. 8,4%). Die iscCGM-Nutzer hatten auch eine fast fünfmal höhere Wahrscheinlichkeit, einen um 0,5% niedrigeren HbA1c-Wert zu erreichen (OR=4,7), und eine mehr als viermal so hohe Wahrscheinlichkeit, einen um 1% niedrigeren HbA1c-Wert zu erreichen (OR=4,3) als die SMBG-Nutzer. Auch wenn die meisten iscCGM-Nutzer immer noch keinen HbA1c-Wert <7,5% erreichten (geschweige denn einen von <7%), hatten mehr Patienten einen HbA1c-Wert <7,5% als diejenigen mit SMBG (36% vs. 22%, p=0,033).
Die Patienten verbrachten mit iscCGM täglich 130 Minuten länger in im Zielbereich im Vergleich zu SMBG (52% vs. 45%; p<0,001) und 42 Minuten weniger bei niedrigen Glucosewerten (<70 mg/dl). Zu Beginn der Studie wiesen die Patienten in beiden Gruppen eine vergleichbare mittlere Zeit im Zielbereich auf (42% vs. 45%). Nutzer von iscCGM wiesen auch weniger Glucosewerte oberhalb des Zielbereiches auf (>180 mg/dl, 1,4 Stunden/Tag; p=0,028).
Die Verbesserungen in der Glucosekontrolle bei Nutzung von iscCGM waren nicht auf eine Änderung der Insulindosierung zurückzuführen, weder die gesamte tägliche Insulindosis noch die Basal- oder Bolus-Insulindosis veränderte sich im Vergleich zum Ausgangswert nach drei oder sechs Monaten in einer der beiden Gruppe signifikant. Dies deutet darauf hin, dass die Vorteile bei Nutzung von CGM nicht auf einer Insulintitration im Sinne einer Erhöhung der Insulindosis beruhen, sondern auf einer Optimierung des Applikationszeitpunktes und der jeweils gerade notwendigen Dosis. Dies kann aber auch so interpretiert werden, dass Ärzte und Patienten selbst unter idealisierten Forschungsbedingungen im Rahmen einer Studie die CGM-Daten nicht zu einer adäquaten Optimierung der Insulintherapie nutzen, was durchaus eine verpasste Gelegenheit zur weiteren Verbesserung der glykämischen Ergebnisse darstellt.
Die Zufriedenheit der Patienten mit der Diabetesbehandlung und der Glukoseüberwachung stieg bei Nutzung von iscCGM ebenfalls an. Es ergab sich eine signifikante Verbesserung der Behandlungszufriedenheit in der iscCGM-Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe (p<0,001) sowie eine Verringerung der wahrgenommenen Hyperglykämien. Bemerkenswerterweise war jedoch die Verringerung der wahrgenommenen Hypoglykämien in der iscCGM-Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe nicht signifikant (p=0,348), obwohl die iscCGM-Nutzer weniger Zeit bei niedrigen Glucosewerten verbrachten. Ein signifikanter Unterschied ergab sich bei der Diabetes-Belastung (gemessen mit der T1 Diabetes Distress Scale), was daran erinnert, dass die Nutzung von Diabetes-Technologie zwar erhebliche Vorteile bieten, aber auch belastend für die Patienten ist.
Auf der Grundlage einer IQVIA CORE-Analyse ist die Nutzung von iscCGM mit inkrementellen Kosten von 6.818 $/QALY kosteneffizient und liegt weit unter dem NICE-Schwellenwert für die Zahlungsbereitschaft von 26.271 $/QALY. Eine vollständige Auswertung zu Kosteneffektivität der Nutzung des iscCGM-Systems steht aber noch an. Die Autoren schließen aber schon daraus, dass iscCGM eine kosteneffektive Intervention ist, was die Forderung nach einer generellen Finanzierung von iscCGM für Patienten mit Typ-1-Diabetes in Großbritannien vorantreibt.
Fazit: Diese Studie, die von Diabetes UK finanziert und unabhängig von Abbott durchgeführt wurde, ist schon im Jahr 2018 konzipiert worden. Die Studie begann aber erst im Januar 2020 mit der Rekrutierung der Teilnehmer und sie hatte während der Pandemie mit Schwierigkeiten zu kämpfen, was zu einer Verlängerung der Studie führte.
Diese für die Kostenübernahme in Großbritannien wichtige Studie zeigte eine deutliche Verbesserung in der Glucosekontrolle, optimale Werte wurden aber nicht erreicht. Der Einsatz von CGM-Technologie alleine reicht eben nicht aus, denn ohne eine gute begleitende Schulung der Patienten ist keine optimale Therapiekontrolle zu erreichen. Ein Beleg hierfür ist auch die recht breite Streuung der Werte für die Zeit im Zielbereich nach sechs Monaten in beiden Gruppen.
- Leelarathna L, Evans ML, Neupane S, Rayman G, Lumley S, Cranston I, et al. Intermittently Scanned Continuous Glucose Monitoring for Type 1 Diabetes. N Engl J Med. 2022;387(16):1477-87.
DiaTec weekly – November 25, 22
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