Ein Gastbeitrag von Prof. Hermann von Lilienfeld-Toal
Adipositas ist weiterhin ein großes ungelöstes Problem in der DSP. Es lässt sich gut zeigen, dass die Adipositas ein (von Bz Betreuung, Hyperlipidämie und Hypertonie) unabhängiger Risikofaktor ist, der eigenständige Aufmerksamkeit erfordert. Hier herrscht eine allgemeine Erschöpfung, da häufig sowohl der Patient nach vielen Abnehmebemühungen mit JoJo Erlebnissen als auch der enttäuschte Arzt keine Kraft mehr haben, sich dem Thema praktisch zu nähern. Die Misserfolge theoretisch zur Verfügung stehender Abnehme Kurse tuen hierbei ihr übriges. Man lässt dies Thema mit einem unernsthaften: „ ..und dann nehmen Sie doch mal ein bisschen ab“ in der Regel auf sich beruhen.
Hier kann uns Hilfe mit einem cGM System kommen:
Insulin ist der wichtigste Faktor bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der Adipositas. Im Mittelpunkt der Bemühungen Gewicht zu reduzieren steht daher, die Insulinkonzentration so niedrig wie möglich zu halten. So erklären sich die guten Erfolge von Abnehmeprogrammen, bei denen durch eine low carb Diät ein Anstieg des Blutzuckers vermieden wird, und damit der wichtigste Reiz für das Auf und Ab der Insulin ausbleibt. Eine Gewichtsreduktion wird auf diesem Wege sogar ohne Kalorien Beschränkung in der Nahrung erreicht. Ziel der Bemühungen ist es also, einen Blutzuckeranstieg zu vermeiden.
Leider ist diese hoffnungsvolle Situation mit einem „Aber“ belegt: Es ist nämlich nicht ganz einfach, mit niedrigen Blutglukose Werten zu leben, während man eine Kohlenhydrat arme Kost auf Dauer einhält. Wenn man die Physiologie des menschlichen Gehirns etwas ansieht, kann man es sich leicht erklären: Glukose ist der wichtigste Energie Lieferant, und das Gehirn mag nicht gern auf Sparflamme gesetzt werden. Es reagiert mit Hungerimpulsen, die entgegen einer weitverbreiteten Meinung nicht psychologischer Natur („den inneren Schweinehund beherrschen“) sind, sondern Physiologie abbilden und auf Dauer kaum beherrschbar sind. Eine schöne Hilfe in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass man ja mit Kalorien in der Nahrung nicht zu geizen braucht. Eine Eiweiss- und Fett-reiche Mahlzeit, zusammen mit viel Ballaststoffen, erzeugen via Ghrelin, GLP-1 etc reichlich Sättigungsimpulse, die mit den Glukose-Mangel Empfindungen konkurrieren. Nach einiger Gewöhnungszeit überwindet man den Hunger.
Aber dies geschieht erst, wenn man die vielen Gelegenheiten, Kohlenhydrate zu sich zu nehmen, konsequent vermeidet. Das cGM ist hierzu eine hervorragende Hilfe. Der engagierte Betroffene sieht sofort, was ihn daran hindert, sein Gewicht zu reduzieren, weil bei dieser oder jener eigentlich als unverdächtig eingestuften Nahrung erstaunliche Blutzuckerexkursionen entstehen. Er kann auf der Stelle erkennen, dass die theoretisch empfohlene Nahrung tatsächlich von niedrigen Blutzuckern begleitet und befolgt wird. Er muss sich nicht mehr auf ein banges tägliches Verfolgen des Körpergewichtes verlassen, das sich vermutlich bei erfolgreicher dietätischer Bemühung erst nach 1-2 Wochen bequemt, weniger zu werden. Er weiss sofort, dass er es richtig macht. Und er hat die Möglichkeit, selbst dietätische Konstellationen auszuprobieren („Ich liebe Früchte in Yogurt, kann ich das essen?“), die auch für Berater schwierig sein könnten. Angesichts der bekannten individuellen Blutzuckerreaktion auf einzelne Nahrungsmittel kann er hier diese Frage für sich selbst beantworten.
Viele Übergewichtige, die nach Außen eine positive Ausstrahlung senden, kommen scheinbar gut mit ihrer Lebenssituation zurecht. Aber manche von den Mitmenschen als alltäglich eingestufte Situationen des Lebens sind für sie sehr anstrengend, sowohl psychisch als auch -wegen der enormen Gewichtes- körperlich. Dies erzeugt einen Stresshormon bedingten Blutzuckeranstieg, der nichts mit einer Nahrungsaufnahme zu tun hat. Auch dieser zieht einen Insulin Anstieg nach sich und hält das Gewicht hoch. cGM erlaubt, solche Situationen zu identifizieren, und häufig kann der Betroffene ihnen anschließend aus dem Wege gehen.
Eine ganz besondere cGM Indikation für die Zeit, die der Abnehm Willige mit einer low carb Diät verbringt, darf auf keinen Fall untergehen: Es ist nicht selten zu beobachten, dass diese Betroffenen alles richtig machen, Gewicht abnehmen und über einige Zeit recht erfolgreich sind. Aber dann stellt sich eine trübe Zeit ein, die Willenskraft nimmt ab, das Leben wird lustlos, und schließlich kann sich der Mensch nur noch dadurch helfen, dass er Kohlenhydrate isst. Und sofort sieht die Welt wieder anders aus. Im psychologischen Schrifttum wird ein Mangel an psychischer Kraft auf Grund von Glukosemangel als „Ego Depletion“ bezeichnet. Dies beschreibt den Effekt des Energie Verbrauches, der bei der Anstrengung zur Selbstkontrolle stattfindet. Hierbei entsteht ein noch niedrigerer Blutzucker, wodurch schließlich der Widerstand gegen Essimpulse aufgegeben wird.
Ideal ist es, jetzt sozusagen wohldosiert (möglichst wenig Blutzuckeranstieg) durch Süßigkeiten oder geringe Mengen stärkehaltiger Nahrungsmittel wie Kartoffeln oder Weißbrot kontrolliert den Blutzucker etwas anzuheben. Gleich fühlt der Mensch seine alten Kräfte zurückkehren, ohne es mit einem Anfall unkontrollierter Kohlenhydrat Aufnahme und folgender Hyperglykämie zu erkaufen, was dem Abnehmewunsch entgegenwirkt. Dieses Grüne Licht für Kohlenhydrate sollte liebevoll mit cGM überwacht werden, um das richtige Maß zu finden.
Wenn wir so cGM in unsere Bemühungen um eine Gewichtreduktion integrieren, führen wir ein neues Instrument ein. Mit diesem können wir bessere Ergebnisse erreichen, als konventionelle Kurse, die allein auf low carb und Anreichern der Nahrung mit Eiweis und/oder Fett, zB auch in Shake Form, setzen, was auf Dauer von vielen Menschen wegen der beschriebenen diskreten Neuroglykopenie nicht durchgehalten werden kann.
Dies beschreibt den Effekt des Energie Verbrauches, der bei der Anstrengung zur Selbstkontrolle stattfindet. Hierbei entsteht ein noch niedrigerer Blutzucker, wodurch schließlich der Widerstand gegen Essimpulse aufgegeben wird.
DiaTec weekly – Mai 14, 21
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Mit freundlichen Grüßen
Fühle mich in meiner DSP gut betreut, habe einen durchschnittlichen HbA1c Wert von 6,3.
In meiner über 50 jährigen Diabetesdauer habe ich mich ganz gut gehalten und bin immer wieder für Neuheiten in der Therapie offen. Hatte schon früh das FreeStyle Libre Messsystem, auf das ich durch das Internet aufmerksam wurde. Ende letzten Jahres habe ich mich für die T-slim X2 IP informiert und bin dadurch auf das Dexcom G6 umgestiegen. Erst durch meine Infos aus dem Netz wurden meine diesbezüglichen Fragen auch in der DSP behandelt.
Liebe Grüße aus Riedstadt
Werner Koch