Im Beitrag des Vormonats haben wir uns allgemein damit beschäftigt, welche App man als Patient gerne nutzen möchte, die zugleich auch so sinnvoll ist, dass sie auf Rezept verordnet werden kann. Dazu ist in den vergangenen Jahren, ausgehend von der DiaTec 2015, ein Bewertungsschema unter dem Namen „DiaDigital“ entstanden. DiaDigital ist auch nach Inkrafttreten des Digitale Versorgunggesetz (DVG) eine wohl einmalige Initiative von Betroffenen, Ärzten und Beratern, die besonderen Wert auf Alltagstauglichkeit der geprüften Lösungen legt. Denn das Abhaken eines Kriterienkatalogs reicht oftmals nicht aus, um echte Verbesserungen in der Versorgung herbeizuführen.

Eine Erkenntnis von DiaDigital besteht darin, dass jeder Behandler in die Lage versetzt werden sollte, selbst zu testen und zu beurteilen, bevor eine App an die Patienten weitergereicht wird.

Daher stellt diese Reihe alle bereits getesteten und mit dem Siegel ausgezeichneten Apps genauer vor und bietet Hintergrundinfos, damit es auch Neueinsteigern leichter fällt, sich eine fundierte Meinung zu bilden.

In diesem Zusammenhang ist natürlich auch jeder Interessierte eingeladen, zukünftige Tests unter „diadigital.de“ zu begleiten und das Projekt, sowie seine Fachkompetenz weiter zu entwickeln.

Die App „Diabetes Tagebuch + Companion“ (Jommi UG, App ist verfügbar für Apple-Geräte) wurde von den Testern als eine App ausgezeichnet, die geeignet ist, die „Diabetes Basistherapie (Ernährung, Gewicht und Bewegung)“ zu verbessern. Was zunächst simpel klingt ist in der Realität nicht ganz so trivial, da eine für diesen Fall gute App es schaffen muss, schnell einsetzbar, verständlich bedienbar und langfristig motivierend zu sein.

Bei einem Tagebuch kommt es auf möglichst lückenlose Angaben an, die dem Nutzer wertvolles Feedback über seinen Lebensstil bieten, aber auch dem Behandler neue Sichtweisen ermöglichen.

Hier sticht „Diabetes Tagebuch + Companion“ heraus: Die Tester heben die schnelle, verständliche und unkomplizierte Dokumentation der Ernährungsparameter hervor. Dies ist wichtig, da tägliches dokumentieren des Verzehrten schnell ermüdend und repetitiv zu werden droht. Smarte Funktionen wie eine lernende Suche innerhalb der ausführlichen Lebensmitteldatenbank oder automatisch generierte Favoriten halfen gerade bei oftmals ähnlichen Mahlzeiten, diese „Hausaufgaben“ in ein paar Extrasekunden nebenher zu Frühstück oder Mittagstisch zu erledigen.

Anders sieht es bei den Aktivitäten aus: Hier geschieht die Bewegungsaufzeichnung vollautomatisch über die im Smartphone eingebauten Schritt- und Aktivitätssensorik. Eine Anbindung an die Apple Smartwatch erweitert diesen Bereich weiter und über die ansonsten manuelle Eingabe von Sportaktivitäten hinaus. Beileibe keine Selbstverständlichkeit im App-Umfeld, wie die vergangenen Testjahre gezeigt haben.

Ausgehend von all diesen Bewegungsdaten wird dem Nutzer bei jedem Start der App ganz ohne sein Zutun der jeweils errechnete, aktuelle Kalorienverbrauch des Tages präsentiert.

Zugleich werden die so ermittelten Aktivitätskalorien live mit den eingetragenen Ernährungskalorien verrechnet, so dass immer klar ersichtlich wird, wie der aktuelle Tagesstand aussieht.

Gleiches gilt für die Schrittanzahl, wozu sich jeder Nutzer bei App-Start ein Tagesziel setzen muss. Für einige Tester war zu beobachten, dass diese „Live-Ansicht“ der Tageskondition zu einer tatsächlichen Motivationssteigerung führt, sich doch noch über die Tagesziellinie zu hieven. Ein Konzept also, dass bspw. von Fitnesstrackern bereits hinlänglich bekannt und gut dokumentiert ist.

Eine Übersicht der konsumierten Broteinheiten (ausgehend von Kohlenhydraten) rundet die App neben der bereits besprochenen Angabe von Kalorien und (Schritt-)Aktivitäten ab.

Der langfristige Charakter und die Motivation des Tagebuchs, wird durch einen großen Bereich adressiert, der wochenbasierte, monats- und quartalsweise Auswertungen nachvollziehbar als Säulengrafiken darstellt.

Eine farbliche Kennzeichnung macht bspw. bei Kalorien oder Schritten so jederzeit erkennbar, ob man sich zielkonform verhalten hat oder ein Tag „geschludert“ wurde.

Zusätzlich werden für jeden Datensatz und Zeithorizont Mittelwerte ausgewiesen, so dass auch Nutzer mit punktuellen, kalorienreichen Tagen sich bspw. über einen Fastentag darauf schnell wieder in ihr langfristiges Optimum verbessern können.

Auch wenn dies zunächst einmal nach Jojo-Effekt klingt, kann es helfen, langfristig den Nutzer in einem Optimalbereich zu halten, ohne die Freuden des Lebens kategorisch auszuschließen. Dies kommt wiederum der Motivation zugute, was auch bei der Erreichung eines Schrittziels sichtbar wurde: Insbesondere Büroarbeiter haben hier unter der Woche Probleme, wussten es aber zu schätzen, die fehlende Bewegung bspw. am Wochenende in die Freizeitgestaltung einzubringen und letztlich die Langfrist-Bewegung zu fördern.

Insgesamt ermöglicht diese den Patienten eine größere Flexibilität bei der Wahl ihres AID-Systems (dies ist auch ein Schritt hin zu selbstgebauten AID-Systemen) und zwingt die Hersteller dazu, gute Bausteine anzubieten (z.B. bei den CGM-Systemen), sonst wechseln die Patienten zu anderen Anbietern.

Unser Fazit: Allerdings ist wohl aktuell noch nicht so richtig klar, wer im rechtlichen Sinne haftbar ist, wenn durch Zusammenstecken verschiedener zugelassener Bausteine neue Medizinprodukte entstehen. Da eine Reihe von Anbietern aktiv sind, ist allerdings auch eine gewisse Unübersichtlichkeit zu verzeichnen.

Diana Droßel

DiaTec weekly – Nov 22, 19