Für diesen alternativen Diagnoseansatz wurde eigens ein CGM-Algorithmus entwickelt, der eine binäre Klassifizierung (dCGM) ermöglicht. Für die geblindete CGM-Datenerfassung wurde ein System verwendet, das keine Kalibration benötigt, aber möglich ist (Dexcom G6). Dieses System wurde bei zur Erfassung von 716 individuellen CGM-Registrierungen bei 563 Erwachsenen verwendet, die an sieben verschiedenen klinischen Studien teilgenommen haben und für die zugehörige HbA1C-Messwerte vorlagen. Die Messungen wurden mit einer qualitätsgesicherten Methode durchgeführt. Die Daten von 470 Teilnehmern wurden für das Training des Algorithmus und die von 93 Teilnehmern für das Testen verwendet. Die Ergebnisse zeigen, dass 49 Teilnehmer eine Normoglykämie aufwiesen und einen HbA1c-Wert <5,7% hatten. 27 Teilnehmer hatten einen Prädiabetes und 17 einen Typ-2-Diabetes mit HbA1c-Werten ≥6,5%, führten aber keine pharmakologische antidiabetische Therapie durch. Die Teilnehmer waren im Mittel 50 Jahre alt und hatten einen BMI von 30,7 kg/m².
Die Richtigkeit der Diabetesdiagnose mit dem dCGM-Algorithmus wurden anhand der HbA1c-Messwerte bewertet, von denen angenommen wurde, dass sie eine richtige Diagnose liefern. Die Sensitivität, Spezifität, der positive prädiktive Wert und der negative prädiktive Wert des Algorithmus lagen bei 71%, 93%, 71% bzw. 93 %. Bei Verwendung anderer HbA1c-Grenzwerte betrug die Spezifität des Algorithmus bei normoglykämischen Teilnehmern 98% (48/49 korrekt klassifiziert), und bei Teilnehmern mit suboptimal kontrollierten Diabetes 100%, d.h. bei Teilnehmern mit einem HbA1c-Wert ≥7%wurden 8 von 8 Teilnehmer korrekt T2D diagnostiziert.
Der dCGM-Algorithmus klassifizierte 71 Teilnehmer als wirklich Negativ (TN), 12 als wirklich Positiv (TP), 5 als falsch Positiv (FP) und 5 als falsch Negativ (FN). Von den 5 FP hatten 4 einen Prädiabetes, entsprechend ihren HbA1c-Werten (5,7, 5,7, 6,2 und 6,3%), bei einem war der HbA1c-Wert normal (5,3%). Es ist interessant sich die medianen AGP-Glucoseverläufe der Menschen anzusehen, die wirklich negativ/positiv waren sowie derjenigen, die falsch negativ/positiv waren.
Fazit: Die Menge an Informationen die CGM-Daten liefern, ermöglicht einen besseren Einblick in die Glucoseregulation und damit auch einen Einsatz als diagnostische Methode. Die Schlussfolgerung der Autoren ist, dass die auf diesem Algorithmus basierenden Diagnosen recht gut mit denen übereinstimmten, die auf den HbA1c-Messwerten beruhen. Ob durch Einsatz eines CGM-Systems über einen gewissen Zeitraum eine zuverlässige Diabetesdiagnose, oder zumindest ein Screening möglich ist, muss in weiteren Untersuchungen evaluiert werden, der Ansatz ist aber erstmal spannend.
Interessanter als die Diagnose eines manifesten Diabetes dürfte jedoch das kurzzeitige Tragen eines CGM-Systems sein, um Hinweise zur Glucose-Intoleranz festzustellen und dann frühzeitig gegenzusteuern, z.B. mit einem Präventionsprogramm. Prävention macht nämlich nur dann Sinn, wenn tatsächlich bereits Gefahr im Verzug ist, jemanden nur Aufgrund seines Alters und/oder BMI in ein Präventionsprogramm zu stecken ist wahrscheinlich kontraproduktiv.
- Frank S, Hames KC, Jbaily A, Park JH, Stroyeck C, Price D. Feasibility of Using a Factory-Calibrated Continuous Glucose Monitoring System to Diagnose Type 2 Diabetes. Diabetes Technol Ther. 2022. Epub 20220823. doi: 10.1089/dia.2022.0189. PubMed PMID: 35920831.
DiaTec weekly – November 18, 22
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