Dr. Umpierrez zeigte Daten einer Studie, die aktuell in der angesehenen US-Fachzeitschrift Diabetes Care veröffentlicht wurden. Bei dieser retrospektiven Studie, an der 205 insulinbehandelte Patienten mit Diabetes Typ-2 teilnahmen, wurde ein rtCGM-System (Dexcom G6) auf allgemeinmedizinischen und chirurgischen Stationen eingesetzt. Die Datenauswertung ergab, dass 98,6% der Daten in den Zonen A und B eines Clarke-Error-Grid-Auswertung lagen, was auf eine für die in der Krankenhausumgebung ausreichende Genauigkeit hinweist. Die Genauigkeit war sogar innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Legen des Glucosesensors hoch, 98,2% der Wertepaare lagen in den Zonen A und B. Die Auswertung ergab auch keine Unterschiede in der Genauigkeit basierend auf Rasse, BMI, Platzierung des Sensors am Arm oder Bauch sowie der eGFR. Allerdings war die MARD bei Glucosewerten im hypoglykämischen Bereich (70 mg/dl) mit ~18% signifikant schlechter als in den anderen glykämischen Bereichen mit Werten von 11% bis 12%.
Der Redner merkte an, dass dieses Problem darauf hindeuten könnte, dass die Nutzer Point-of-Care-Tests zur Absicherung durchführen sollten, wenn die CGM-Messwerte <80 mg/dl betragen. Die Genauigkeit nahm auch bei Patienten mit schwerer Anämie (Hämoglobinwerte 7 g/dl) mit einer MARD von ~17% signifikant ab. Mit Blick auf die Zukunft verwies der Redner auf eine bald abgeschlossene Interventionsstudie mit einem rtCGM-System, bei der die glykämische Kontrolle verglichen wurde, die bei Insulinanpassung mittels Point-of-Care-Messungen mit derjenigen verglichen wird, bei der diese mittels CGM-Messungen bei hospitalisierten insulinbehandelten Patienten mit Diabetes Typ-1 oder Typ-2 erfolgt.
Fazit: In den USA sollen die Richtlinien der ADA (die „Standards of Care“) noch in diesem Jahr geändert werden, um die Nutzung von CGM-Systemen im Krankenhaus zu fördern, basierend auch auf den positiven Erfahrungen bei der Betreuung von hospitalisierten Patienten mit COVID-19! Bisher steht in den ADA-Richtlinien: „Obwohl CGM theoretische Vorteile gegenüber POC-Glukosetests bei der Erkennung und Verringerung des Auftretens von Hypoglykämien hat, wurde es von der FDA nicht für die stationäre Anwendung zugelassen“ (Abschnitt 15). In einem anderen Abschnitt (Abschnitt 7) empfehlen die Standards die Verwendung von Diabetes-Geräten (z. B. CGM) in stationären Einrichtungen, „wenn eine angemessene Überwachung verfügbar ist.“
In Deutschland ist der Einsatz von nicht qualitätsgesicherten Glucose-Messsysteme im Krankenhaus nicht gestattet, was für CGM-Systeme zutrifft! Es gibt zwei aktuelle Artikel in der Zeitschrift MPJ-Medizinprodukte Journal, in denen der Autor (D.S. Behr, Off-label Use bei Medizinprodukten – Zulässigkeit einer Anwendung außerhalb der Zweckbestimmung; 28:3-10, 2021 sowie: Vermeintliche Argumente für die Anwendung außerhalb der Zweckbestimmung; 28:83-89;2021) recht deutlich die aktuelle Situation beschreibt und ausführt, welche rechtliche Situation sich nun in Europa und damit in Deutschland nach dem Inkrafttreten der Medical Device Regulation (MDR) und der Umsetzung in nationales Recht ergibt. Darin wird der Begriff des „Herstellers“ definiert und der der „Zweckbestimmung“. Wenn an einem schon im Verkehr befindlichen oder in Betrieb genommenen Produkt Änderungen vorgenommen, dann unterliegt derjenige der dies tut, wohl schon der Herstellerdefinition. Die Zweckbestimmung eines Produktes wird von dem Hersteller bestimmt und muss in klinischen Studien sowie der klinischen Bewertung auf Geeignetheit und Unbedenklichkeit sowie hinsichtlich der Nutzen-Risiko-Analyse positiv beurteilt worden sein. Wenn nun ein CGM-Gerät keine Zweckbestimmung für den Einsatz im Krankenhaus aufweist, wird es dort nach diesen Vorgaben dort auch nicht einsetzbar sein. Was diese Vorgaben in Hinsicht auf DIY AID-Systeme bedeuten, wird noch zu klären sein.
In den beiden Artikel wird auf den „Off-Label“-Use bei Medizinprodukten eingegangen, während dieser bei Arzneimitteln im Rahmen des Arzneimittelgesetzes (AMG) denkbar ist, ist die Anwendung von Medizinprodukten außerhalb ihrer Zweckbestimmung in der EU medizinproduktetechnisch verboten. Auch der Ansatz der Therapiefreiheit greift nicht. Da die angesprochenen Vorgaben in den USA teilweise anders gesehen werden, tendieren die Hersteller von dort dazu, die Zweckbestimmung ihrer Produkte enger zu fassen als europäische Hersteller.
DiaTec weekly – August 20, 21
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