Die Hoffnungen auf ein gut wirksames orales Insulin sind ja so alt wie die Insulintherapie überhaupt, die ersten Versuche gab es bereits von 100 Jahren, als das Insulin entdeckt wurde. Schon damals war die klare Aussage, dass die orale Gabe von Insulin funktioniert und der Blutzucker gesenkt wird, aber die zu verabreichenden Mengen sind bedingt durch die Degradierung im Magen-Darm-Trakt zu groß und der Einfluss von Mahlzeiten schlecht vorhersehbar. Dabei würde die Gabe einer „Insulinpille“ nicht nur von den Patienten bevorzugt werden, es gäbe auch eine Menge anderer Vorteile: Es würde auch deutlich weniger Plastikmüll anfallen, es müssten keine Nadeln mehr sicher entsorgt werden und – je nach Formulierung und Galenik könnte das Insulin thermostabil sein, d.h. die Kapseln müssten nicht im Kühlschrank gelagert werden.

Was gibt es denn an Alternativen zur Verabreichung von oralem Insulin? Beim Diabetes Technology Meeting stellte ein junger Wissenschaftler mit dem Namen Alex Abramson einen kreativen Ansatz vor, den er auch schon hochrangig hat publizieren können. Hierbei wird das Insulin in eine Kapsel verpackt, die sich innerhalb von Sekunden durch ihre Gestaltung selbständig an die Magenwand ankoppelt. Wenn Flüssigkeit in die Kapsel durch eine untere Öffnung eindringt, erfolgt innerhalb von Minuten eine automatische Insulinapplikation – nach Aussage des Wissenschaftlers eine effiziente und schmerzfreie Insulingabe.

Systeme zur Medikamentengabe, die sich selbstständig auf einer Oberfläche ausrichten, gibt es bereits in unterschiedlicher Form. Bei den vorgestellten Insulinkapseln ähnelt deren äußere Form einer bestimmten Sorte von Schildkröten – den Leopardenschildkröten: Wenn diese aus irgendeinem Grunde umkippen, dann sorgt die Form dafür, dass sie automatisch wieder auf ihren Füßen landen. Genauso verhält es sich mit den Kapseln: Wenn sie den Kontakt zur Magenwand aus irgendeinem Grunde verlieren, sind sie selbstständig in der Lage, ihn wiederherzustellen. Studien mit Schweinen haben gezeigt, dass mit solchen Kapseln reproduzierbar Insulinkonzentrationen im Blut erreicht werden, die mit denen einer subkutanen Applikation vergleichbar sind. Die relativ kleinen Kapseln werden übrigens problemfrei wieder ausgeschieden, wenn sie ihren Zweck erfüllt haben.

Unser Fazit: Natürlich fehlen noch längerfristige Untersuchungen mit Tieren und anschließende klinische Studien, insbesondere zum Einfluss von Mahlzeiten. Nichtsdestoweniger ist dies ein interessanter neuartiger Ansatz, der auch für andere Einsatzgebiete gelten könnte. Insgesamt ist es aber spannend zu sehen, was sich kreative Köpfe immer wieder einfallen lassen. Manchmal wird ja auch was draus!

DiaTec weekly – Dec 6, 19