Exklusiv – zumindest bis auf Weiteres, bringt Dexcom in den USA nun das erste freiverkäufliche CGM-System auf den Markt. Zugelassen von der FDA wurde das System bereits im März 2024 für Patienten mit Typ-2-Diabetes ab 18 Jahren, die kein Insulin verwenden. Erhältlich ist es ohne weitere Verordnung über eine Website (www.stelo.com), daneben hat Dexcom eine Webinar-Kampagne mit dem Namen „Welcome to Stelo: Personalizing Choices, Revolutionizing Glucose Health“ initiiert.
In der Form unterscheidet sich Stelo nicht von den G6- und G7-CGM-Systemen, basiert ja auch auf die gleiche Messtechnologie, aber es kommt mit einem andersartigen Logo und Farbe daher, nicht mehr das helle grün, sondern ein dunkles Lila wurde gewählt, vielleicht als klare Differenzierung zwischen der verschreibungspflichtigen und der rezeptfreien Version der CGM-Systeme wurde dies von der US-Zulassungsbehörde gefordert, um sowohl die Health Care Professionals als auch die Patienten mit Diabetes nicht zu verwirren.
Der Sensor von Stelo hat eine Tragezeit von 15 Tagen – im Vergleich zu den 10 Tagen beim G7 (siehe Abbildung), benötigt keine Kalibrierung und ist wasserdicht bis zu einer Tiefe von 2,40 Meter. Das System wird begleitet von einer eigenen „Stelo by Dexcom“-App, verfügbar für Android und iOS. Diese App bietet Tages-, Wochen- und Sitzungsübersichten, verfügt über eine „Spike-Detection-Technologie“, die Patienten vor Glucose-Schwankungen warnt, und ermöglicht es den Nutzern, Angaben zu Mahlzeiten und Sport zu machen. Das System kann auch mit der Apple iWatch kommunizieren und Daten mit der Apple Health-App auf iPhones austauschen, um das „Benutzererlebnis“ auf den jeweilig intendierten Anwendungsfall anzuwenden.
Bei einem Vergleich der Funktionen von Stelo und G7 bestehen die größten Unterschiede bei den Glucose-Alarmen und der Frequenz, mit der Echtzeit-Glucosewerte geliefert werden. Während der G7 prädiktive Hypoglykämie-Warnungen bietet, liefert Stelo diese Warnungen nicht; daher ist dieses System nicht für Nutzer mit Tendenz zu problematischen Hypoglykämien geeignet. Was die Glukosewerte betrifft, so liefert Stelo alle 15 Minuten einen neuen Wert, während der G7 dies alle fünf Minuten macht. Es werden auch nur Glucosewerte in dem Bereich zwischen 70-250 mg/dL gemeldet, Glucosewerte von 40-400 mg/dL werden aber rückwirkend in der Clarity-App verfügbar sein.
Dexcom geht anscheinend davon aus, dass die Nutzer dieses CGM-Systems keine so präzise Glucosemessung benötigen wie die der Dexcom G-Serie. Dies ermöglicht Zugeständnisse bei den Herstellungs- und damit Verkaufskosten für Stelo (s.u.). Das System hilft dem Nutzer, Glucosewerte im Normbereich (euglykämisch) als auch niedrige oder hohe (dysglykämische) Glukosewerte zu erkennen und damit besser zu verstehen, wie sich Lebensstil und Verhaltensänderungen bei Ernährung und Bewegung auf die Glucoseverläufe auswirken. Es ist nicht beabsichtigt, dass der Nutzer auf Grundlage der Glucosewerte therapeutische Maßnahmen ergreift, ohne sich mit einem Arzt zu beraten. Stelo soll auch keine Hypo-/Hyperglykämien erkennen, sondern eher als „Copilot“ fungieren, indem es Nutzern, die ihr Verhalten ändern und ihren Glucoseverlauf optimieren möchten, entsprechende Einblicke zu ermöglichen und „Anstöße“ zur praktischen Umsetzung liefert.
Der Zielmarkt von Stelo ist deutlich breiter als der traditionelle Nutzerkreis von Dexcom, daher muss die App auch einfacher und intuitiver gestaltet sein. Die Einführung dieses Produkts soll eine geringere Herausforderung für seine Nutzer darstellen und damit die Kundenbindung verbessern. Auf der Website werden umfassende Schulungsinhalte über verschiedene Faktoren bereitstellt, die den Glucoseverlauf beeinflussen. Für Nutzer mit einem Prädiabetes oder Patienten mit einem Typ-2-Diabetes ohne Insulintherapie besteht der primäre therapeutische Ansatz in Lebensstil-Änderungen bei der Ernährung und Bewegung, deshalb sind Informationen dieser Art und ein begleitender Blog von Bedeutung, wenn mal keine Gespräche mit einem Arzt oder Diabetesberaterin möglich sind.
Ein kritischer Punkt wird die Preisgestaltung dieses Produktes sein. Bei Kauf über die Website als Einzelkauf oder bei einer monatlichen Abonnement-Option liegen die Kosten bei unter 100 US-Dollar pro Monat. Beim Einzelkauf erhält man für 99 US-Dollar eine Box mit zwei Sensoren, während das Abonnement 89 US-Dollar pro Monat kostet – eine Ersparnis von immerhin 10%. Mit Tageskosten von ca. 3 US-Dollar liegen sie zwar immer noch höher als bei der Verwendung von Teststreifen und einem Blutglucosemesssystem (ca. 1 US-Dollar/Tag), die Menge an Informationen ist aber auch wesentlich höher, anstelle von 3-5 Einzelwerten erhält der Nutzer jede Viertelstunde einen aktuellen Glucosewert und kann damit seine Ernährungs- und Bewegungs-Gewohnheiten viel besser anpassen.
Mit zunehmender Markteinführung wird Dexcom wohl noch weitere Zugangskanäle zu den Nutzern aktivieren, um den Vertrieb zu verstärken. Dazu gehört auch eine gezielte Ansprache von Hausärzten, denn es wird wichtig werden, potentiellen Nutzern die Unterschiede zwischen den Produkten klar darzustellen, um sicherzustellen, dass jeder Patient die richtige Behandlungsoption erhält, die für seine Bedürfnisse am besten geeignet ist.
Fazit: Die Markteinführung von Stelo versetzt Dexcom in die Lage, bei 25 Millionen Amerikanern mit Typ-2-Diabetes, die keine Insulintherapie durchführen sowie 100 Millionen Menschen mit einem Prädiabetes Fuß zu fassen. Die freie Verfügbarkeit eines solchen „Easy-CGM-Systems“ macht diese diagnostische Technologie viel einfacher und schneller für viel mehr Menschen verfügbar.
Wir sind gespannt, wie erfolgreich diese Marktpositionierung sein wird. Die angestrebte Zielgruppe sind ja auch die Menschen, die zunehmend mit GLP-1-Analoga behandelt werden. Deshalb überrascht es nicht, das Dexcom in seiner Bewerbung von Stelo darauf hinweist, dass Patienten, die diese Medikamente verwenden, einen noch höheren Nutzen von Stelo haben würden.
Quelle: Stelo Webinar
Parallel zu dieser Markteinführung von Dexcom wird auch Abbott frei verkäufliche CGM-Systeme auf den Markt bringen: Lingo für Menschen ohne Diabetes und Rio für Patienten mit Typ-2-Diabetes mit oder ohne Insulintherapie. Beide Systeme wurden in den USA bereits im Juni 2024 zugelassen, noch aber fehlt der Zeitplan für die Markteinführung, höchstwahrscheinlich dürfen wir aber noch in diesem Jahr damit rechnen.
diatec weekly – Sept 13, 24
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