Bislang gab es nur zwei gezielte Kurzzeit-Studie dazu, in einer aktuellen Publikation werden nun Daten von Patienten vorgestellt, die eine niedrigdosierte Therapie mit SGLT2-Inhibitoren unter realen Lebensbedingungen durchgeführt haben (z.B. Garcia-Tirado J, Farhy L, Nass R, Kollar L, Clancy-Oliveri M, Basu R, et al. Automated Insulin Delivery with SGLT2i Combination Therapy in Type 1 Diabetes. Diabetes Technol Ther. 2022. Epub 20220314. doi: 10.1089/dia.2021.0542. PubMed PMID: 35255229). Dabei haben die Patienten ein handelsübliches AID-System oder ein System mit einer prädiktiven Suspendierung bei niedrigen Glucosewerten (PLGS) zusätzlich zu einem SGLT2-Inhibitor oder einem Placebo verwendet.
In der 8-wöchigen, randomisierten, kontrollierten Crossover-Studie erhielten 35 Erwachsene mit T1D 5 mg Empagliflozin pro Tag (EMPA) oder kein Medikament (NOEMPA) als Ergänzung zu ihrer Insulintherapie (EMPA n = 18; NOEMPA n = 16). Zufällig wurden die Teilnehmer auf ein AID-System (Control-IQ von Tandem) oder ein PLGS-System (Basal-IQ des gleichen Herstellers) für 4 bzw. 2 Wochen aufgeteilt. Der primäre Endpunkt war die prozentuale Zeit im Zielbereich (TiR) von 70-180 mg/dL während des Tages (7:00-23:00 Uhr). Ausgewertet wurden die Studiendaten von 32 Patienten nach dem Intention-to-treat-Prinzip (EMPA n = 16; NOEMPA n = 16).
Mit dem AID-System wiesen die Studienteilnehmer sowohl mit EMPA sowie NOEMPA eine höhere TIR von 81% bzw. 71% während des Tages auf, mit einem mittleren Unterschied von 9,9% (95% CI: 0,6-19,1; p = 0,04). Bei dem PLGS-System lagen die Patienten in der EMPA-Gruppe im Vergleich zu denen in der NOEMPA bei einer TiR von 80% gegenüber 63%, mit einem mittleren Unterschied von 16,5% (7,3-25,7; p<0,001). Bei einem Studienteilnehmer, der den SGLT2-Inhibitor erhielt und das AID-System nutzte, kam es zu einer diabetischen Ketoazidose infolge einer Okklusion der Insulinpumpe.
Fazit: Die Zusatztherapie mit einem SGLT2-Inhibitor scheint bei Patienten mit T1D sowohl bei Nutzung eines AID-Systems wie auch bei einem PLGS-System zu einer besseren Glucosekontrolle beizutragen. Allerdings besteht weiterhin das Risiko einer Ketose und Ketoazidose. Dies sollte sowohl in zukünftigen Studien mit SGLT2-Inhibitoren wie auch generell durch geeignete Änderungen der Regelungsalgorithmen berücksichtigt werden, um die Sicherheit der Nutzung von AID-Systemen weiter zu erhöhen.
Der positive Effekt des SLGT2-Inhibitors wird vor allem auf eine Reduktion der mahlzeiteninduzierten Glucose-Exkursionen während des Tages zurückgeführt. Nach Mahlzeiten steigen ja auch bei AID-Systemen die Glucosewerte tendenziell zu hoch an, bedingt durch die relativ langsame Absorption von subkutan appliziertem Insulin. Hier stellen auch sogenannte „ultraschnelle“ Insuline keinen wirklichen Durchbruch dar. Es gibt eine Reihe von Ansätzen, diese Problematik zu reduzieren, sei es geeignetere Algorithmen für die Abdeckung des prandialen Insulinbedarfes zu implementieren, oder durch Kombinationstherapien. Hierbei werden andere Medikamente eingesetzt, die den prandialen Glucoseanstieg begrenzen sollen, dazu gehören Glucagon-like Peptid-1-Rezeptor-Agonisten (GLP-1 RA), Dipeptidylpeptidase-4 (DPP-4)-Inhibitoren oder das Amylin-Analogon Pramlintid. Diese Medikamente wurden alle schon in Studien mit AID-Systemen untersucht.
DiaTec weekly – April 1, 22
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SGLT2 und Typ 1: ich wäre hier sehr vorsichtig und zurückhaltend, bzw. wir setzen es gar nicht ein! Gibt es einen dringlichen Bedarf hiermit zu therapieren, außer Insulin?
Wir haben in einer Woche zwei schwere euglykämische Ketoacidosen bei vorgeblichen Typ 2 Stoffwechselsituationen gesehen. Bitte auf Fachinformationen zur SGLT 2 schauen: keine gleichzeitige Verordnung bei Typ 1!