Künstliche Intelligenz boomt und das liegt unter anderem an den Voraussetzungen, die mittlerweile geschaffen wurden. Wir verfügen über leistungsfähige Mikroprozessoren mit enormen Speicherkapazitäten, Sensoren wurden soweit miniaturisiert, dass man sie mit bloßem Auge kaum noch erkennen kann, wir verfügen über riesige Datenmengen, um die Systeme zu trainieren und nutzen neuronale Netzwerke, um das menschliche neuronale Netzwerk zu imitieren – Stichwort “Deep learning“. Auch die Märkte entwickeln sich in einer rasanten Geschwindigkeit, alleine die Diabetesfirma Glooko kann auf über ca. 15 Milliarden Daten zugreifen und das jährlich!

Treiber dieser Entwicklung sind vor allem die großen Hard- und Software-Unternehmen aus den USA und aus China, Deutschland spielt dabei weit abgeschlagen mit, was vielleicht auch dem strengen Datenschutz bei uns geschuldet ist.

Ein gutes Beispiel für die Leistungsfähigkeit von KI ist das Smartphone, das die Meisten von uns heute mit sich tragen: Per Gesichtserkennung oder Fingerabdruck lässt es sich freischalten und navigiert uns durch den Verkehr, gibt Stauwarnungen auf den Meter genau, sucht Adressen und zeigt uns den Weg dorthin und liefert uns aktuelle und sogar personalisierte Nachrichten. Wir schießen Fotos in einer beachtlichen Qualität, rufen unsere Emails und Messages in Echtzeit ab und kommunizieren bei Bedarf mit einer sympathischen Frau namens Siri, die manchmal sogar in der Lage ist, uns zu verstehen.

KI steckt in Mini-Robotern, die emsig durch unsere Wohnungen staubsaugen oder den Rasen kurzhalten oder in selbstfahrenden Autos und Überwachungskameras, die wissen, wer an diesen Ort gehört und wer nicht. Auch in der Medizin wird KI eingesetzt und liefert mit erstaunlicher Genauigkeit und Treffsicherheit Diagnosen.

Trotzdem stellt sich die Frage, wie intelligent die künstliche Intelligenz eigentlich ist. Wir definieren KI als Simulation von Prozessen menschlicher Intelligenz durch computergesteuerte Maschinen, z.B. die intelligente Erkennung von Sprache oder eigenständiges kreatives Verhalten und der Fähigkeit, aus Erfahrung zu lernen, Schlussfolgerungen bzw. Transferleistung aus unvollständigen Informationen zu ziehen. Last but not least gehören zur menschlichen Intelligenz Selbstwahrnehmung und Einfühlungsvermögen in Situationen oder in andere Lebewesen.

Können Computer oder Roboter das? Können Sie es schon heute oder vielleicht erst in zwanzig Jahren? Und ist das, was wir heute als KI bezeichnen, nicht vielmehr Statistik? Dies sagt zumindest Jürgen Deuter, Informatiker und Autor. Er schreibt zu den Themen Digitalisierung, KI und soziotechnischen Systemen in Spiegel, Zeit und Süddeutschen. KI und „Machine learning“ sind für ihn nichts anderes als Regelwerke, die basierend auf megagroßen Datenmengen und cleveren Algorithmen am Ende das ausspucken, was vorher hineingegeben wurde – Garbage in, Garbage out, lautet seine Botschaft und gab auch gleich ein paar schöne Beispiele dazu: So hat sich die Objekterkennung von Google geirrt, als sie farbige Menschen auf einem Foto als Gorillas bezeichnete – was einen ziemlichen Skandal ausgelöst hat. Hintergrund war, dass die Software von den Entwicklern zwar mit vielen Fotos von vielen Menschen gefüttert worden war. Da Google aber kaum Farbige beschäftigt, bestand der Input fast ausschließlich aus Fotos von Weißen. Weitere Beispiele waren autonom fahrende Autos, die einen querstehenden LKW als Brückenpfeiler interpretierten oder im Dunkeln die Straße überquerende Fußgänger nicht als Hindernis ausgemacht haben.

Unser Fazit: KI hat (noch) kein Grundverständnis und versteht auch keine Zusammenhänge, sondern basiert ausschließlich auf Daten, die im Zweifelsfall schlecht bis nicht vorhanden sind. Auch Vorurteile und Vor-Interpretationen werden kodiert und es gibt keinen Kontakt einer Software mit der realen Welt. KI im Jahr 2020 ist weniger Technologie als vielmehr ein Narrativ und das ist vielleicht die beruhigende Nachricht: So schnell wird unsere Welt wohl noch nicht von Maschinen und Robotern dominiert werden.

DiaTec weekly – Jan 31, 20