Ein Gastbeitrag von Frank Best

Sie kennen das: Ihnen gegenüber sitzt ein Patient, Diabetes Typ 1, behandelt mit CGM und Pumpe. Sie möchten sich gemeinsam die Sensor- und Pumpendaten anschauen. Im einfachsten Fall stammen beide Produkte vom gleichen Hersteller. Patient: „Ich habe meine Daten hochgeladen in die Cloud!“ — Jetzt folgt eine Tortur, denn in Ihrem Stadtteil ist ein Internetzugang nur mit einer Übertragungsrate von 6.000 KByte/s möglich. Nach einer kleinen Ewigkeit erscheint eine Fehlermeldung:

Sie fluchen. Erwägen für einen kurzen Moment, die Daten aus der Pumpe selber hochzuladen. Aber das würde ja zum gleichen Ergebnis führen. „Versuchen Sie es später noch einmal!“ — Später geht nicht in einer Arztpraxis.

Die Mitarbeiter der Hotline sind immer sehr hilfsbereit und kompetent. Manchmal lassen sie durchblicken, dass sich sonst niemand für diese Probleme interessiert.

Diese Situation — Wie komme ich an die Daten? — ist bei allen Herstellern schwierig. Sowohl bei Medtronic als auch bei Dexcom als auch bei Abbott wird eine Cloud-basierte Lösung bevorzugt. Alternativen gibt es nicht mehr. Der Patient (und der Arzt), der die Daten mit einem anderen Programm bearbeiten möchte, ist gezwungen, diese zunächst bei dem jeweiligen Hersteller zu speichern. Ein Schelm, der Böses dabei denkt!

Man kann die Daten natürlich exportieren. Die Exportfunktion ist bei allen Herstellern gut verborgen. Die Exportformate ändern sich häufig. Es ist kein Kinderspiel!

Sie fragen sich, ist es denn wirklich unverzichtbar, diese Daten mit anderen Programmen verarbeiten zu können?  Ich finde schon. Die Software der Hersteller bietet mir nicht den Komfort und die Möglichkeiten von Drittanbietern. Viele Ungereimtheiten sieht man erst bei der Darstellung in einem Fremdprogramm, wie hier:

Auch die deutlichen Abweichungen zwischen blutiger und iscCGM lassen sich sonst nicht sichtbar machen:

Alle Hersteller kochen, wie schon gesagt, ihr eigenes Süppchen. Die schwersten Geschütze werden aber von Abbott aufgefahren. Da wird dann schon mal eine renommierte Rechtsanwaltskanzlei eingeschaltet, um OpenSource-Programme, mit denen man Daten weiterverarbeiten kann, aus dem Netz zu nehmen (DiaTec weekly v. 17.01.2020, „Rechtliche Welten“). Oder man deaktiviert die Möglichkeit, Daten aus der LibreLink-App zu Diasend (einem Drittanbieter) hochzuladen.

Dabei hat sich der G-BA bei der Zulassung von rt-CGM-Geräten unmissverständlich ausgedrückt:

MVV_RL §3 Abs. 6: „Soweit der Einsatz des Gerätes eine Verwendung, Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener oder personen-beziehbarer Daten vorsieht, muss sichergestellt sein, dass diese allein zum Zwecke der Behandlung der Patientin oder des Patienten erfolgen und eine Nutzung ohne Zugriff Dritter, insbesondere der Hersteller, möglich ist.“

Was bedeutet das? Nun, wenn man einflussreich ist, über die finanziellen Mittel verfügt und eine gute Lobby hat, dann kann man sich auch schon mal über Regeln hinwegsetzen. Das fördert sicher nicht das Vertrauen in demokratische Spielregeln.

Man könnte auch sagen, das ist asozial.

Frank Best, Essen

DiaTec weekly – Feb 14, 20